Haushaltsrede von Gerhard Zorn anlässlich der Verabschiedung des Kreishaushaltes 2020

16. Dezember 2019 | Bauen und Wohnen, Familie, Jugend & Soziales, Kreistagsfraktion, Kreisverband, Schule und Bildung, Umwelt und Verkehr, Uncategorized

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,

in der Woche eins nach dem SPD-Bundesparteitag sehen Sie einen fröhlichen und munteren Sozialdemokraten in dieser Haushaltsdebatte des Kreises.

Auf Bundesebene haben wir Demokratie gewagt und Aufbruch geerntet.

Für diesem Kreistag haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten klare Alternativen benannt. Wir wollen

  • soziale Zeichen im Bereich Bildung setzen
  • die Gesundheit der Menschen fördern und
  • einen aktiven und wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Für diese Punkte mehr Geld zu investieren ist sinnvoll und im Hinblick auf die finanzielle Situation der kommunalen Familie gut machbar.

Die Einnahmen der Kommunen im Rheinisch-Bergischen Kreis sind insgesamt positiv zu bewerten. Die Grundlagen zur Berechnung der Kreisumlage, die auf den Einnahmen der Kommunen basieren, steigen um 17,8 Millionen €. Von diesen 17,8 Millionen, erhält der Kreis über die Kreisumlage 6,3 Millionen. Gleichzeitig gibt er 6,2 Millionen gemäß Planung zusätzlich an den Landschaftsverband. Auch wenn dieser Betrag durch die geringere Landschaftsumlage sinkt profitiert der Kreis von den zusätzlichen Einnahmen der Kommunen daher selbst 2020 nur wenig.

Der Kämmerer plant mit einem Jahresdefizit von 5,4 Millionen €, die aus der Ausgleichsrücklage zur Finanzierung aller Ausgaben des Kreises entnommen werden sollen. Diese Planung allein versetzt die SPD-Fraktion noch nicht in Schrecken. Für das Jahr 2018 plante der Kämmerer mit 4,4 Millionen Defizit und eine entsprechende Entnahme aus der Rücklage. Heute wissen wir, dass der Haushalt 2018 mit einem – wenn auch geringem – Plus von 140.000 € abgeschlossen hat. Was auch immer im Spiel war – Glück oder Können – wir gratulieren dem Kämmerer und seinem Team für die geleistete Arbeit und danken an dieser Stelle ausdrücklich für die Unterstützung in der Beratung der Fraktion. Allerdings können konkrete Risiken für den Haushalt heute schon benannt werden. Das Angehörigen-Entlastungsgesetzes bringt Risiken für den Haushalt des Kreises unmittelbar und über den Haushalt des Landschaftsverbandes mittelbar. Eltern und Kinder von Menschen, die im z.B. Alter oder wegen einer Behinderung auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sind, sollen nicht mehr zum Unterhalt herangezogen werden, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen 100.000 € nicht übersteigt. Wie hoch das Risiko für den Haushalt auch immer ist – es ist richtig, das der sozialdemokratische Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, dieses Gesetz umgesetzt hat. Vielfach haben Menschen Leistungen der Sozialverwaltung nicht in Anspruch genommen, um ihre Angehörigen nicht zu belasten. Es ist gut, dass dazu bald keine Veranlassung mehr besteht. Menschen müssen uneingeschränkt die ihnen zustehenden Leistungen in Anspruch nehmen können. Richtig ist, dass der Bund, nicht die Kommunen, dies finanzieren muss. Aber dies ändert nichts daran, dass es richtig ist, die Angehörigen von Menschen mit Unterstützungsbedarf finanziell deutlich zu entlasten.

Der Klimawandel beschäftigt uns alle. Und dies ist richtig so. Er ist durch menschliches Handeln verursacht. Nur schnelles menschliches Handeln kann ihn wirksam begrenzen. Wir im Kreis wähnen uns auf der Seite der Guten. Wir – CDU / Grüne und die SPD jeweils mit sich ergänzenden Ansätzen und Anträgen – haben in den letzten zwei Jahren den ÖPNV deutlich ausgebaut. Der Kreis hat 2019 den European Energy Award in Gold verliehen bekommen. Wir haben ein Integrierten Klimaschutzkonzept. Aber kommen wir wirklich so erfolgreich voran wie dies notwendig ist? Auf eine Große Anfrage der Grünen im Landtag NRW hat die Landesregierung eine umfangreiche Datensammlung vorgelegt, die den Ist-Zustand der Erneuerbaren Energien in NRW für jede einzelne Kommune dokumentiert. Demnach bietet – wenig überraschend – die Windenergie neben der Sonnenenergie die größten Potenziale in NRW. Aber in der Region Köln / Bonn nutzen wir die Potentiale nicht! Die gesamte Region hat Nachholbedarf – und dies gilt ausdrücklich auch für den Rheinisch-Bergischen Kreis.

 

Die Gemeinde Heiden aus dem Kreis Borken zeigt, dass es anders geht. Die Ausschöpfung des Potenzials im Bereich Photovoltaik liegt hier bei 25,2 %! Dies ist landesweit spitze – nur wenige Kommunen erreichen Werte von 20%.Die SPD-Kreistagsfraktion fordert per Antrag zum nächsten Zukunftsausschuss ein Konzept von der Verwaltung, durch welche konkreten Maßnahmen und Förderinstrumente wir innerhalb von fünf Jahren unser Potenzial an Photovoltaik-Dachanlagen mindestens zu 25 % nutzen. Mindestens das, was andere uns vormachen, müssen wir anstreben. Und wenn Photovoltaik auf vielen Dächern in der Praxis doch nicht installiert werden können: Lernen wir von anderen und nutzen Randstreifen z.B. von Autobahnen. Ersetzen wir Windkraft durch Wasserkraft! Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, müssen wir noch aktiver werden. Der Kreis selbst kann und muss über die bisherigen Anstrengungen hinaus noch mehr als Vorbild vorangehen. Wir greifen den vorliegenden Antrag von CDU und Grünen daher auf und schlagen vor, zur Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen des European Energy Award insgesamt 17.500 € zur Verfügung zu stellen. Mit den zusätzlichen Mitteln sollen Photovoltaikanlagen im Bereich der kreiseigenen Liegenschaften geplant und errichtet werden. Dazu sollen alle denkbaren Flächen genutzt werden, neben Dachflächen z.B. auch überdache Parkplätze.

Meine Damen und Herren,

Frau Thieme und ihr Team haben begonnen, in der Kreisverwaltung Veränderungen anzustoßen. Ein Beispiel: Heimarbeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind heute auch hier im Kreis kein Fremdwort mehr. Mit dem Strategisches Aufgabenmanagement – SAM – ist ein modernes Steuerungsinstrument entwickelt worden, das der Kreisverwaltung mehr Freiheit gibt, schneller Personalbedarfe zu decken. Statt langwieriger Entscheidungen im Einzelfall wurde ein Netto-Personalmehraufwand von 9,5 Mio. € von 2019 bis 2021 genehmigt, dem eine Haushaltsentlastung in Höhe von 7,2 Mio. € gegenüberstehen muss. Vertrauen in die Verwaltung ist durch alle Fraktionen – auch die der SPD – investiert worden. Die im POG vorgestellte Prozesslandkarte zu visualisierten Arbeits- und Geschäftsprozesse mit Prozess-Steckbriefen. Dies erleichtert zukünftig die Einarbeitung und kann zur Steigerung der Effizienz genutzt werden. Frau Thieme und ihr Team haben dies erfolgreich vorangebracht. Herzlichen Dank hierfür und auch weiterhin im Bereich der Verwaltungsmodernisierung viel Erfolg! Gleichzeitig war dies nur mit großer Unterstützung durch alle Abteilungen im Kreis möglich. Daher allen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete, engagierte Arbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger: Danke! Und: Nur durch klare Unterstützung der Verwaltungsspitze kommt der Kreis hier noch weiter voran! Ich gehe daher davon aus, dass der Landrat sich persönlich hinter die von Frau Thieme und ihrem Team entwickelten guten Vorschläge zur Verwaltungsmodernisierung stellt.

Meine Damen und Herren,

im Kreisausschuss ist ein klarer Unterschied zwischen CDU und Grünen einerseits und der SPD-Fraktion andererseits deutlich geworden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen den ÖPNV weiter ausbauen, die notwendige Infrastruktur hierfür schaffen und so das ÖPNV-Angebot attraktiver gestalten. Wir wollen als SPD aber auch, dass die Preise für die Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV attraktiver werden. Dies braucht Unterstützung durch Bund und Land! Aber dies wird auch kommunale Mittel binden. Und dies ist auch gerechtfertigt! Vor über 10 Jahren haben die Einnahmen aus Tickets, für die die Kunden zahlen, ca. 50 % der Kosten des ÖPNV gedeckt. Durch unterschiedliche Entwicklungen haben wir heute bundesweit eine Quote von 75 %. Im VRS ist diese Quote mindestens so hoch – wenn nicht höher. Der Beitrag der Nutzerinnen und Nutzer an der Finanzierung des ÖPNV ist damit in den letzten 10 – 15 Jahren um 25 %-Punkte gestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil, den die Kommune zur Finanzierung des ÖPNV zahlen, entsprechend gesunken. Dies ist der Grund dafür, dass ich in den Gremien des VRS die Tariferhöhungen 2020 und 2021 abgelehnt habe! Dies ist der Grund dafür, dass die SPD über ein 365-Euro-Ticket oder den Preisdeckel im Modellvorhaben des VRS preislich attraktive Tickets schaffen will. Wir müssen für die Kunden des ÖPNV die Preise senken.

Meine Damen und Herren,

vor zwei Jahren haben wir am Ende erfolgreich mehr Komfort im Bus gefordert: Stichwort Klimaanlage. Dieses Jahr geht es uns in Ergänzung hierzu um mehr Sicherheit – Stichwort Abbiegeassistent! Abbiegeassistent können Leben retten! Wir wollen eine verbindliche Vorgabe gegenüber allen Anbietern von ÖPNV-Leistungen im Kreis, nach der in allen eingesetzten Fahrzeugen bis 2021 – ggf. nachgerüstete – Abbiegeassistenten eingesetzt werden. Dies betrifft natürlich auch die Subunternehmer von Wupsi und RVK. Insofern ist das nicht nur ein Antrag zum Haushalt, sondern auch ein Antrag zu den Vorgaben des Kreises im ÖPNV. Nach Diskussion über den Antrag schlagen wir vor, den Antrag in den Verkehrsausschuss zu verweisen. Wenn dann Geld benötigt wird, finden wir einen Weg.

Die Bürgerinnen und Bürger in Leichlingen, Witzhelden und Burscheid dürfen nicht länger im Abseits stehen, wenn wir im Rest des Kreises mehr ÖPNV umsetzen. Gute Fahrt auch im Nordkreis muss unsere Botschaft sein. Die SPD erwartet Bewegung in den Verhandlungen zwischen der Firma Wiedenhoff und dem Kreis! Im Sommer 2020 muss der zusätzliche Busverkehr Richtung Witzhelden und Burscheid aufgenommen werden. Jede weitere Verzögerung ist nicht mehr vertretbar! Und zu der Frage von Frau Clemen zu dem Busfahrer, der seine Fahrgäste warten lässt, bis er sich sein Brötchen beim Bäcker kauft: Auch wenn die Bezirksregierung zuständig ist erwarten wir vom Landrat, dass von der Firma Wiedenhoff eine gute Leistung verlangt wird. Klare Worte sind hier angesagt!

Meine Damen und Herren,

wir haben in den letzten Jahren in Sachen ÖPNV viel bewegt – und vielfach gemeinsam! Einig waren wir uns immer, dass erst über eine konkrete Maßnahme entschieden und dann das erforderliche Geld zur Verfügung gestellt wird. Auch deshalb haben wir zugestimmt, unseren Antrag zum Thema Abbiegeassistent in den Verkehrsausschuss zu verweisen. Genau diese Verfahrensweise wollen wir dann aber auch bezüglich der Anträge der anderen Fraktionen anwenden. Wollen wir nach der Finanzierung von Wasserstoffbussenbei der RVK, dem Ausbau von E-Mobilität bei der Wupsi, der führenden Rolle des Kreises beim Ausbau von Mobilstationen in der Region jetzt Vorreiter in Sachen On-Demand-Bus werden? Wenn ja: Wo macht das Sinn, wo nicht? Wollen wir wirklich eine Anbindung nach Thielenbruch? Macht das Sinn – auch wenn das zweite Gleis für die S 11 gebaut wird, so dass jeder Zug nach Bergisch-Gladbach fährt und nicht ein Teil in Dellbrück wendet. Wir möchten diese Fragen zunächst – wie sonst auch – im Verkehrsausschuss beraten. Unsere Position zu den Fragen ist offen. Aber wir wollen nicht heute einen Blankscheck über 20.000 bzw. 200.000 € ausstellen. Daher lehnen wir die entsprechenden Haushaltsanträge heute ab. Das schadet nicht. Denn jede der angesprochenen Ideen ist – wie die Antragsteller wissen – nicht vor dem 15.12.2020 umsetzbar. Also würde es auch nicht an Geld fehlen, sondern nur am Lametta für die politische Vermarktung.

Wir wollen – wie in den Vorjahren – die Mittel für den Fahrradwegen an bestehenden Kreisstraßen aufstocken. Und wir wollen – wie in Köln und im Nordkreis erfolgreich umgesetzt – Lastenräder fördern. Dies ist nicht nur ein Beitrag für die Umwelt. In Köln zeigt sich, dass dies auch ein Beitrag für die regionale Wirtschaft ist, weil dort auch Handwerksunternehmen auf Lastenräder setzen. Auch – denn die SPD will die Handwerksunternehmen und die Bürger fördern. Beide zahlen steuern. Beide haben ein Anrecht auf Förderung! Daher liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen: Der Ansatz nur das Gewerbe zu fördern ist falsch. Diese können Ausgaben steuerlich absetzen. Private Haushalte nicht. Die SPD will Lastenräder für alle fördern – Familien mit Kindern, die ihren Wocheneinkauf ökologischer transportieren wollen, genauso wie kleine Handwerksunternehmen. CDU und Grünen schließen Familien und andere private Haushalte aus. Auch eine Botschaft!

Meine Damen und Herren,

ein kostenloses Mittagessen ist nach Überzeugung der SPD auch ein Teil des Bildungsauftrages an den Schulen. Teilweise werden Schülerinnen und Schüler ohne Frühstück zur Schule geschickt. Teilweise ist ein warmes Mittagessen nicht gesichert, weil das Geld nicht reicht. Dies beeinträchtigt den Lernerfolg. Und der beeinträchtigte Lernerfolg beeinträchtigt die späteren beruflichen Chancen. In den skandinavischen Ländern wurde dies erkannt. Alle Kinder und Jugendliche erhalten unabhängig von Herkunft und Einkommen der Eltern ein kostenfreies Essen mit hohen Qualitätsstandards. Die, die sich das leisten könnten, zahlen dies über Steuern. Die anderen zahlen nichts. Aber kein Kind muss hungern. Wir können dies nicht für den ganzen Kreis ändern. Aber wir können dies für die Förderschulen des Kreises ändern. Tun wir es! Und setzen wir damit ein klares sozialpolitisches Zeichen!

Fördern wir die Gesundheit. Outdoor-Fitness Anlagen werden immer beliebter in der Bevölkerung und bieten so – neben einer gesundheitsfördernden Maßnahme – auch eine höhere Attraktivität im Hinblick die auf Naherholung.

Dies sind unsere Alternativen für ein soziales Zeichen und bessere Bildung, mehr Gesundheit und mehr Klimaschutz.

Der soziale Wohnungsbau liegt uns sehr am Herzen. Aber es fehlt nicht das Geld! Es fehlen Grundstücke. Die Schaffung weiterer Barrierefreiheit und den Insektenschutz werden wir unterstützen.

Auf Basis der Vorgespräche werden wir uns in vielen Punkten wohl nicht durchsetzen. Schade! Gerne können Sie uns überraschen. Wenn nicht stimmen wir dem von der Verwaltung eingebrachten Haushalt zu, da hierüber die Entlastung der Kommunen – Stichwort Einmalzahlung bei fehlender Erhöhung der USt-Anteile – finanziert wird. Als Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stimmen wir auch dem summarischen Stellenplan zu. Noch einmal Danke für die geleistete Arbeit.

Dem Haushalt insgesamt stimmt die SPD dann nicht zu.

 

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