Die SPD-Kreistagsfraktion fordert den Landrat Santelmann unter Bezugnahme auf §§ 52, 41 Abs. 4 und 33 Abs. 1 Satz 3 KreisO NRW auf, unverzüglich eine Sitzung des Kreisausschusses einzuberufen.

Grund für die Sondersitzung ist die große Sorge um Ansehen und Glaubwürdigkeit der Kreisverwaltung in der Pandemie, welches in den letzten Wochen schweren Schaden genommen hat. Es braucht Klarheit für Bürgerinnen und Bürger sowie Selbstständige, Einzelhändler und Gewerbetreibende im Kreis, die den Zahlen und dann in Folge den Anweisungen und Vorgaben des Kreises in der Pandemie nicht mehr trauen. Und es braucht Transparenz, wie der Landrat durch Reorganisation des Krisenstabes die Kräfte des Kreises in einer der größten Krisen seit 1945 bündeln und den Kreis wieder fit für die Bewältigung der Krise machen will – und eine offene Diskussion hierzu.

Das dies notwendig ist ist auch Ergebnis der fehlenden Kommunikation der Kreisverwaltung. Die Fragen der SPD-Fraktion vom 24.04.2021 zum Ältestenrat blieben, nachdem dieser verschoben wurde, genauso unbeantwortet, wie Anfragen der Presse und der Bürger. Die Informationen des Bürgerforum GL schienen die Situation realistischer darzustellen als die amtlichen Presseerklärungen der Kreisverwaltung.

So schrieb das Bürgerforum am 28.04.21: Seit gut zwei Wochen meldet das Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises jeden Tag Fälle nach, die jetzt bearbeitet wurden, im Labor aber schon am Vortag oder früher bestätigt wurden und seither liegen geblieben waren. Die Fälle werden mit diesem Labordatum in der Statistik verbucht. Das machen auch die anderen Kreise so, in Rhein-Berg ist dieser Korrekturbedarf aber besonders hoch – und er reicht besonders weit zurück.“

Es fällt schwer zu glauben, dass signifikant höherer Korrekturbedarf als in anderen Kreisen mit Fax-Technik der Labore zu erklären ist.

Ein Einzelhändler schreibt vor dem Hintergrund dieser Situation vor einiger Zeit: „Mit unserer Entscheidung vom Wochenende, nicht aufgrund nachweislich falscher Zahlen zu Terminshoppen zurückzukehren, war der Irrglaube verknüpft, dass irgendjemand an verantwortlicher Stelle im Kreis oder im Land sagt – Infektionszahlen werden verspätet gemeldet, nach oben nachkorrigiert und dann nicht mehr berücksichtigt? Das geht so nicht! Wir sind schockiert über diese ausbleibende Entwicklung. Die verantwortlichen Stellen fühlen sich entweder nicht zuständig oder verweisen auf die Verantwortung des Landes. Es ist uns vollkommen egal, woran oder an wem es liegt. Es darf so einfach nicht weiter gehen.“

Die Händler sind – wie Selbstständige und Dienstleister sowie viele andere auch – wirtschaftlich darauf angewiesen, dass man sich auf die Kreisverwaltung verlassen kann. Der Eindruck ist: Aktuell können sie es nicht! Dies muss sich ändern – jetzt!

Dem kann und darf die Politik nicht tatenlos zusehen. Die Zeit ist vorbei, Anfragen zu nicht öffentliche tagenden Sitzungen zu stellen. Es braucht eine öffentliche Debatte. Und hierfür ist zumindest für die wesentlichen, strategischen Fragen der KA zuständig, wenn der Kreistag pandemiebedingt nicht tagt.

Die SPD bittet den Landrat, bei der Sitzung folgende Punkt auf die Tagesordnung zu setzen:

  1. Zukünftige Organisation des Krisenstabes

Der Kreis beabsichtigt gemäß eigener Presseerklärung, die Organisationsstruktur des Krisenstabsmanagements neu zu organisieren und das Krisenstabsmanagement stärker in die regulären Verwaltungsstrukturen zu integrieren. Hierzu bittet die SPD um eine Information (schriftlich oder mündlich), die – auch – folgende Fragestellungen umfasst:

  • Wie erfolgt die Integration in die regulären Verwaltungsstrukturen?
  • Gibt es jetzt oder in Zukunft einen Stamm von Mitarbeiter*innen, die sich ausschließlich / im Wesentlichen um die Pandemie kümmern?
  • Wird aus Sicht der Verwaltung weiteres Personal gebraucht, um befristet die Kernaufgaben der Verwaltung weiter zu bearbeiten?
  • Werden die Dezernent*innen wie bisher im Krisenstab in die Bearbeitung der mit der Pandemie zu lösenden Fragen einbezogen?
  1. Kompetenzen des Kreisdirektors im Vertretungsfall

Nach § 47 KreisO NRW bestellt der Kreistag den allgemeinen Vertreter des Landrats, den Kreisdirektor. Dieser vertritt ihn als allgemeiner Vertreter. Aktuell besteht der Eindruck, dass die Vertretungsbefugnis durch Vorgaben des Landrates bezüglich der Vertretung in Zusammenhang mit dem Krisenstab und der Impfstrategie nicht besteht. Dies erscheint rechtwidrig und stellt dann auch einen Eingriff in die Befugnisse des Kreistages dar, der den Kreisdirektor zum allgemeinen – umfassenden – Vertreter des Landrates wählt. Wie beurteilt die Kreisverwaltung diese Frage rechtlich. 

  1. Sachstand zur Erhebung, Berechnung, Korrektur und Kommunikation der Inzidenzwerte

Die SPD-Fraktion stellt anheim, die Sitzung per Video durchzuführen.

Gerhard Zorn, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion

Gerhard Zorn