Handeln statt prüfen

Verantwortung jetzt
übernehmen

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren,

nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die bisherigen Krisenbewältigungsmechanismen im Bund und mehreren Ländern – möglicherweise auch in NRW – gestoppt. Gut sagen viele Bürgerinnen und Bürger, weil die Schuldenbremse außerhalb einer Notlage wirksamer einzuhalten ist – die „schwäbische Hausfrau“ lässt grüßen. Viele Experten weisen aber zu Recht da-rauf hin, dass Deutschland mit 66,5 % des Bruttoinlandsprodukts unter den G7-Staaten die geringste Schuldenquote hat. „Wir haben kein Schuldenproblem“ titelte die Zeit.

Was wir haben, ist das Problem, wie wir die Folgen des Überfalls von Russland auf die Ukraine – Stichwort hohe Energiekosten, den Investitionsstau der letzten Jahrzehnte – Sinnbild sind die Brücken überall im Land, die Kosten einer älter werdenden Gesellschaft und die Kosten für den zwingend erforderlichen Umbau in eine klimagerechte und nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft – inklusive Verkehr und Wohnen – sozial gerecht finanzieren können. Gelingt es uns nicht, diese Aufgaben wirksam und nachhaltig anzugehen und gleichzeitig sozial gerecht zu finanzieren, verliert dieser Planet endgültig seine Balance, unser Wohlstand seine Grundlage und unsere Gesellschaft ihren inneren Zusammenhalt.

Diese Probleme beschäftigen Bund und Länder. Diese Probleme beschäftigt aber auch jede Gemeinde, jede Stadt und jeden Kreis. Die Einnahmen reichen nicht für die Aufgaben! 355 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus NRW haben dies in einem Brandbrief an den Ministerpräsidenten klar formuliert. Sie bemängeln das „krisengetriebene Zusammenwirken von stagnierenden Steuereinnahmen und Zuweisungskürzungen, stark steigenden Kosten für Sachaufwendungen und Personal sowie stetig neue Erwartungen an Leistungen der Daseinsvorsorge. Die kommunale Demokratie ist in Gefahr!“

Die Kommunen im Kreis haben uns über ihren Anwalt die Situation aus ihrer Sicht schildern lassen. Die Strukturdaten der Haushalte der kreisangehörigen Kommunen werden uns über die letzte Vorlage zum Kreishaushalt mitgeteilt (KT-10/0293b). Interessant ist, dass die Defizitquote gemessen an den Haushaltsentwürfen in den Kommunen für 2024 im Durchschnitt bei 6 % liegt – im Kreis bei 10,6 %. Wichtig ist mir aber folgendes: Die Situation in den Kommunen ist uns gut bekannt – und nicht egal. Das war nie so – und ist es auch heute nicht!
Die SPD-Fraktion fordert die Entlastung der Kommunen durch Weitergabe der Senkung der LVR-Umlage iHv. 2,7 Mio. €. Gegenüber dem Entwurf ist dies kostenneutral! Die signalisierte Zustimmung ist ein wichtiges Signal an die Kommunen.

Die Einschaltung eines Anwalts zeigt aber: Das Verhältnis von Kommunen und Kreis ist nach dem Verfahren zum Stellenplan 2023 zerrüttet. Wir müssen zu-rück zum Gespräch! Herr Landrat, geehrte Dezernentinnen und Dezernenten: Gehe Sie auf die Kommunen zu – jetzt – und auch und gerade dann, wenn diese Termine absagen. Nur eine Kooperation von Kreis und Kommunen hilft den Bürgern.

Der Hebesatz der Kreisumlage bleibt stabil. Die GPA hat bestätigt, dass der RBK zu den Kreisen in NRW mit dem niedrigsten Umlagebedarf gehört. Den Vor-schlag der FDP zur Senkung der Umlage hält die SPD nicht für zielführend, da immer noch ein Defizit geplant und die Ausgleichsrücklage erneut in Anspruch genommen wird. Die Kämmerinnen und Kämmerer der Kommunen haben letzteres vor einem Jahr ausdrücklich begrüßt. Dies bleibt auch für den Haushalt 2024 richtig!
CDU und Grüne haben einen Transformationsprozess vorgeschlagen. Darin ist auch eine neue Aufgabenkritik enthalten. Die FDP fordert letzteres auch. Richtig ist, dass wir gemeinsam in der Verantwortung stehen, Lösungen für das strukturelle Defizit des Kreises zu finden. Gelingt es,
• durch mehr Digitalisierung und einen sinnvollen Einsatz von KI Sach- und / oder Personalkosten zu sparen,
• zur Abmietung von Räumen zu kommen,
• eine dauerhaften Produkt- und Aufgabenanalyse einzuleiten und
• das Controlling zu verbessern,
kann die Kostenstruktur des Kreises gesenkt werden.

Im Antrag von CDU und Grünen ist vieles bekannt. Ich erinnere an den Haushaltsbegleitbeschluss von SPD, FDP und UWG zum Haushalt 2021, der damals nur mit Scheinargumenten abgelehnt wurde. Wenn Sie unsere Ideen und Vorschläge heute in den Diskussionsprozess einbeziehen, können wir ihren Antrag in den Ausschüssen im nächsten Quartal diskutieren, ergänzen und möglichst gemeinsam beschließen. Dazu gehört auch die Frage, ob globale Minderausgaben nach dem Vorschlag der FDP effizienter sind als eine mit hohem Aufwand verbundene Aufgabenkritik – oder diese sinnvoll ergänzen. Wir sind als Opposition hierzu bereit.

Langfristig braucht es höhere Einnahmen für Kommunen und Kreise. Eine Lösung der kommunalen Finanznot werden wir allein im RBK nicht finden! Dazu bedarf es mindestens einer Altschuldenregelung zur Entlastung der Kommunen durch Land und Bund und eine Erhöhung des Anteils der Kommunen an den Steuern.

Dies gilt insbesondere für NRW! Der Anteil der Aufgaben, die das Land auf die kommunale Familie übertragen hat, liegt in NRW mit 57,2 % im Vergleich der Flächenländer am höchsten. Das Land überfordert die kommunale Leistungsfähigkeit. Das Land nimmt bewusst in Kauf, dass Städte und Gemeinden die Grund- und Gewerbesteuer anheben. Daher werbe ich um Zustimmung zu unserer Resolution „Mehr Geld für die Kommunen“ durch das Land NRW und zumindest unterstützend durch den Bund.

Natürlich kann man einwenden, das Land und Bund hierfür nach dem Urteil aus Karlsruhe kein Geld haben. Das Argument verstehe ich. Aber es trägt nicht. Wenn hierfür bundesweit Steuern z.B. für Besserverdienende erhöht oder das Dienstwagenprivileg gekippt wird ist das besser, als durch erneut steigende kommunale Steuern den Wettbewerbsnachteil der Kommunen in NRW weiter zu erhöhen. Die Kommunen in NRW müssen sich wehren – jetzt!

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Kreis übernimmt die Trägerschaft für die Berufskollegs in Bergisch Gladbach. Das Personal wird übernommen. Der Mietvertrag liegt vor! Herzlichen Dank an Frau Thieme und ihr Team! Wir müssen jetzt das Kursangebot aus-bauen und den geplanten Standort im Zentrum in den Blick nehmen.

Der Kreis plant keine neuen Stellen! Selten hat eine solche Nachricht Aufsehen erregt. Aber die Stellenplanerhöhung 2023 schlägt im Haushalt 2024 mit immerhin 2,5 Mio. € zu Buche! Die SPD dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung für ihr großes Engagement und stimmt als äußeres Zeichen dieses Dankes trotz der Steigerung dem Stellenplan zu!
Der Aufwand im Bereich ÖPNV bleibt 2024 mit 20 Mio. € stabil, steigt aber in der mittelfristigen Finanzplanung um 3,5 Mio. € an. Der Verkehrspolitiker in mir sagt gut so: Diese Kosten sind auch ein Beitrag des Kreises für den Klimaschutz. Der Haushälter sagt, weitere Anstiege müssen wir begrenzen: Wir brauchen einen neuen Nahverkehrsplan.

Frau Reichert, herzlichen Dank an dieser Stelle für Ihre Leistungen im Kreis gerade auch im Bereich ÖPNV. Wenn Sie den Kreis verlassen: Glückwunsch und viel Erfolg!

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir brauchen einen Aktionsplan Pflege. Gemäß Pflegebericht 2023 ist die An-zahl der Plätze in vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Kreis pro Person ab 80 Jahren von 19 % 2003 auf 11 % 2021 gesunken. Wir brauchen hier Zuwachs – gerade auch in der Kurzzeitpflege, die pflegende Angehörige entlastet. Mit den Kommunen zusammen müssen Grundstücke gefunden werden. Dann bleiben noch steigende Baukosten und fehlendes Personal als Problem. Ambulante Pflegedienste sind sehr stark ausgelastet. Geeignetes Personal ist auch hier Mangelwahre. Vielfach werden Pflegebedürftige abgewiesen. Mehr Pflegeberatung ist wichtig – aus Sicht der SPD auch durch die Pflegekassen. Sie wird aber zum wirkungslosen Placebo, wenn die Angebote nicht aufstockt werden und die Anbieter nichts anbieten. Die Zukunftswerkstatt des DRK, mit dem Pflegekräfte aus aller Welt geworben und hier integriert werden, muss Nachahmer finden – und ist aktiv zu unterstützen.

Seit Jahren fordern alle Fraktionen im Jugendhilfeausschuss und in der Öffentlichkeit, dass etwas gegen die Personalnot in den Kitas getan werden müsse. Auf Basis des SPD-Antrages zum Fachkräftemangel in der Kita können wir handeln, nicht nur fordern. Wir können den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kitas und den betroffenen Familien signalisieren, dass wir die Personalnöte sehen und einen Beitrag dagegen leisten. Dies wäre dann auch ein echtes Zeichen der Wertschätzung der Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher.

Es braucht aber auch hier höhere Zuschüsse durch das Land, die die steigen-den Energie-, Sach- und Personalkosten ausgleichen. Sitzt das Land das Problem weiter aus treibt es die Träger mindestens an den Rand der Pleite und die Eltern wegen kürzerer Öffnungszeiten oder schließenden Einrichtungen zur Verzweiflung!

„Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zusammen zu bringen und Vor-urteile und Barrieren abbauen – das ist unser Ziel.“ So steht es im Koalitions-vertrag von CDU und Grünen aus 2020. Das Ziel ist erreichbar! Im „Café Grenzenlos“ besteht ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit und ohne Behinderung mit fachkundiger Unterstützung – genutzt von Menschen aus dem gesamten Kreisgebiet.

Ich habe mich gefreut, dass neben Bürgermeister Stein auch der Landrat vor Ort war und Unterstützung zugesagt hat. Passiert ist dann aber im Kreis so weit erkennbar nichts. Herr Landrat, was haben Sie unternommen, nachdem die Fotos gemacht waren? Und CDU und Grüne? Sie wollen erst prüfen und später für 2025 entscheiden? Dann müssen sich – wenn die Stadt oder Dritte nicht für den Kreis einspringen – die 2 Mitarbeiter im Januar arbeitslos melden. Ist das das Signal an Bergisch Gladbach in der aktuellen Diskussion mit den Kommunen: Zahlt allein!? Lassen Sie uns gemeinsam die Finanzierungslücke für 2024 bis 2026 beschließen, heute mindestens für 2024. Lassen Sie uns heute handeln, statt nur zu prüfen.

Meine Damen und Herren,

die CO2-Bilanz des Kreises zum Stichtag 31.12.2021 zeigt einerseits Fort-schritte, andererseits müssen die Anstrengungen intensiviert werden. Dem Kreis wird bescheinigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber zur Zielerreichung auch zukünftig weitere intensive Anstrengungen notwendig sein wer-den (vgl. Vorlage UP-10/0025). Intensiv heißt mehr als bisher!

Die Klimafreunde Rhein-Berg e.V. haben sich gegenüber dem Landrat und den Fraktionen dafür eingesetzt, die Förderung von Solaranlagen für Menschen mit geringem Einkommen neu aufzusetzen. Die bisherige Förderung über das Programm „1000 Dächer bis 2025“ hat diese nicht erreicht. Wer erst die Solaranlage bestellen, installieren und bezahlen muss, bevor er den Antrag auf Förderung beim Kreis stellen kann, muss sich das ohne Zuschuss und Zusage auch leisten können.

Wir als SPD wollen, dass die Förderung des Kreises für die konzipiert wird, die sie brauchen. Wir als SPD wollen, dass die Förderung des Kreises nicht nur mitgenommen wird, sondern zielgenau die erreicht, die sich ohne den Zuschuss die Investition nicht leisten können. Darin sind wir uns mit den Klima-freunden einig.

CDU und Grüne einerseits und SPD andererseits beantragen ein Programm für Solar-Balkonkraftwerke, die insbesondere Mieterinnen und Mietern zugute-kommt.
Aber wir wollen weitergehen! Wir wollen mehr! Wir wollen das Programm 1000 Dächer fortsetzen. Wenn wir unsere eigenen Klimaziele erreichen wollen, muss es noch viele tausend Dächer geben, die mit Solar ausgestattet werden.

Wir als SPD wollen jetzt neben Mieterinnen und Mietern die unterstützen, die sich eine Investition für Solar auf dem Dach alleine nicht stemmen können. Familien, die sich mit Unterstützung und Eigenleistung gerade so ein Haus finanziert haben. Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen, die jetzt bei der Kreditverlängerung fürs Haus mit hohen Zinsen rechnen müssen. Ältere Menschen mit kleiner Rente! Deren Investition wird für die Klimawende auch gebraucht. Diese Gruppen dürfen wir genau wie bei der Energiewende im Heizungskeller nicht alleine lassen, sondern müssen sie bei den notwendigen Investitionen unterstützen. An diese Gruppen müssen wir denken, wenn wir Investitionen sozial gerecht finanzieren wollen.

Konkret wollen wir als SPD hierfür statt zwei Mal 250.000 € in 2024 und 2025 nach dem Antrag von CDU / Grüne drei Mal 500.000 € in 2024 bis 2026 investieren. Davon 30 % für Balkonkraftwerke!

CDU und Grüne bleiben in den sozialen Themen tatenlos: prüfen statt handeln. So werden Sie den Anforderungen von Inklusion und Fachkräftemangel nicht gerecht.

Im Klimaschutz geht es einen Schritt voran, wo fünf Schritte erforderlich wären. So werden wir unserer Verantwortung nicht gerecht! Aber ein Kompromiss war hier nicht gewünscht!

Nach den mir vorliegenden Informationen und Rückmeldungen werden unsere Anträge zu Kita und Klima abgelehnt. Auf dieser Basis lehnen wir den Haushalt in der Schlussabstimmung ab.

PDF-Datei:
Haushaltsrede Zorn – SPD – 2024